Von der Sinnfrage zur smarten Vernetzung

Birgit Gebhardt - Referentin HR Tagung 2019 @Stefanie Brinkkoetter
Birgit Gebhardt - Referentin HR Tagung 2019 @Stefanie Brinkkoetter
„Why I am here ... What I want to learn“ Wand bei Swissnex, San Francisco (c) Birgit Gebhardt
„Why I am here ... What I want to learn“ Wand bei Swissnex, San Francisco (c) Birgit Gebhardt
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15.01.2019

Früher arbeitete man, um Geld zu verdienen. Damit versorgte man sich selbst und möglicherweise noch eine Familie. Heute besagen Studien, dass für die kommende Generation angehäufter Reichtum an Bedeutung verloren hat und sie stattdessen nach dem Sinn sucht. Was verändert sich?

Diese meist souverän in die Runde geschleuderte Frage mag bei denen, die lange vor dem Fachkräftemangel ihre Arbeit gesucht haben, kapriziös und bei denen, die als Alleinverdiener einen 60-Stunden-Job schaukeln, weltfremd ankommen. Aber sie ist für eine wohlstandsmollige Gesellschaft eine völlig normale Erscheinung, die anhand der Maslow’schen Bedürfnispyramide schon lange zu erwarten war.


Anerkennung schlägt Geld

Stufen 1 und 2, die physischen Bedürfnisse, die Sicherheit und der Schutz des Arbeitnehmers werden schon rund 170 Jahre sichergestellt. Die sozialen Bedürfnisse (Stufe 3) sind bereits den Baby-Boomern und der Generation X wichtig. Sie bezeugen, dass Kollegen sowie das soziale Umfeld für ihre Jobwahl und ihr Wohlbefinden entscheidend sind. Nicht zuletzt die vermehrten Erkenntnisse psychischer Belastungen am Arbeitsplatz untermauern das. Dieses Zugehörigkeitsbedürfnis dehnen nun die Digital Natives dank sozialer Medien weiter auf ihre persönlichen Kreise aus. Sie tauschen sich über ihre Arbeit verstärkt auch abseits der Organisationsgrenzen aus. „Das Feedback der Community ist für sie wichtiger als das des Arbeitgebers“, weiß auch Christoph Fellinger, Talent Recruitment Manager bei Beiersdorf. Er beschreibt damit die Anzeichen, dass sich künftige Arbeitnehmer dem direkten Einfluss der Organisation entziehen. Beim Erklimmen von Stufe 4 landen wir bei genau jener Wertschätzung, von der sich die nächste Generation mehr von ihrer Führungskraft wünscht und permanent ein Vielfaches aus ihrem Netzwerk erhält. Status bedeutet das sehr wohl, nur eben eine neue Qualität davon – die definiert nicht mehr der Arbeitgeber, sondern die Community.

Die Definitionsfrage leitet die letzte Stufe ein: die der Selbstverwirklichung (bzw. Transzendenz). Damit machen die Generationen Y, Z und Alpha dort weiter, wo die rebellierenden Baby-Boomer aufhören mussten. Dies könnte nun all jene unter den Älteren mit auf den Gipfel ziehen, die die Chancen der Vernetzung für sich zu nutzen beginnen.


HR-Verantwortliche müssen umdenken

Was bewirkt nun die Sinnsuche in der Organisation? Dort sitzen Personalverantwortliche plötzlich souveränen Talenten gegenüber und sehen sich mit der Frage konfrontiert: Macht mein entwickeltes Jobprofil künftig überhaupt noch Sinn? Nicht nur für den Beschäftigten, sondern auch für die Organisation.

Sind die neuen vernetzten Formen der Zusammenarbeit überhaupt klar angelegt? Wissen die Personalverantwortlichen, was ihren Mitarbeitern als Mensch versus Maschine noch zu tun bleibt, wie ihre Tätigkeitsprofile aussehen und wie sie mit den lernenden Algorithmen und intelligenten Systemen in Zukunft zusammenarbeiten werden?


Auf Augenhöhe

Während sich bei den jungen Talenten die Bedürfnispyramide als Quelle der Weiterentwicklung aufbaut, schrumpft die Organisationspyramide: Lean Management, flachere Hierarchie, Bottom-up-Bewegungen, soziokratische Gremien, agile Sprints und als Zielvorstellung diese gar in Selbstorganisation. Es sieht so aus, als könnten wir auf viele Strukturen verzichten, die sich im intelligenten Netz inhaltsgetrieben viel schneller finden oder lösen lassen. Gleichbehandlung und Wasserfallprogramme können bei gestellter Sinnfrage nicht mehr funktionieren. Auch dank intelligenter Vernetzung können Menschen wieder human zueinander finden, wissend um die Sicherheits-, sozialen und Wertschätzungsbedürfnisse des Gegenübers. So erhalten auch Führungskräfte über Daten und 360°-Feedback profilgenaue Hinweise, wie sie zwischen den KPIs der Scorecard und der Lernmotivation des Arbeitnehmers vermitteln und stärker individuell befähigen können. Gelingt uns Menschen nun der Sprung aus dem Raster der Organisation und ihrem Kästchendenken und tauschen wir es gegen ein smart vernetztes Operieren ermöglicht dies unterschiedlichen Beteiligten für jede ihrer Unternehmung Angebot und Nachfrage zu finden oder global umspannend die beste Win-WinSituation für ihr Vorhaben auszuhandeln. Sinnstiftender hätten wir uns die Arbeitswelt nie vorstellen können.


Birgit Gebhardt | Trendexpertin

Birgit Gebhardt erforscht die Zukunft der Arbeitswelt. Ihre Erkenntnisse aus Experteninterviews, Beratungsprojekten und Reisen verdichtet sie in ihren New-Work-Order-Studien. Als Impulsgeberin begleitet sie Think-Tanks, unterstützt bei Transformationsprozessen und erarbeitet Vorstellungen von zukünftigen Arbeitswelten. Grundlage ihrer branchenübergreifenden Beratungstätigkeit bilden 12 Jahre Projektmanagement im Trendbüro, davon die letzten fünf Jahre (bis 2012) als Geschäftsführerin.

 

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