An den richtigen Schrauben drehen
Kunststoffrecycling stellt uns vor komplexe Aufgaben – von schwer verwertbaren Verpackungen über Lücken beim Sammeln und Sortieren bis hin zu fehlenden Standards für Rezyklate. Wer Kreislaufwirtschaft konsequent umsetzen will, findet entlang der gesamten Wertschöpfungskette zahlreiche Hebel. Tipp: Einblicke und Lösungen dafür bietet die Veranstaltung „Zukunft.Ressourcen 2025“ am 4. November in Mauthausen.
Die Kunststoffbranche steht unter Druck: Strenge EU-Vorgaben, steigende Umweltanforderungen und ein fehlendes Bewusstsein für richtiges Trennen in der Bevölkerung verlangen nach Lösungen. Für Jürgen Secklehner, Geschäftsführer der ARAplus GmbH, ist klar:
„Die Herausforderungen betreffen alle Bereiche – vom recyclinggerechten Verpackungsdesign bis zur Verwertung.“
Genau darin liegt auch die Chance, den Wandel aktiv zu gestalten.
Recycling funktioniert nur, wenn es einen starken Markt für Rezyklate gibt. Noch immer ist Neuware oft günstiger als recycelte Kunststoffe. Secklehner sieht hier die Politik gefordert. Es brauche klare, faire und vor allem unbürokratische Rahmenbedingungen ohne Benachteiligungen gegenüber Primärmaterial, einheitliche Definitionen von Rezyklaten und deren Qualitätsanforderungen sowie Schutz vor unlauteren Markteinflüssen.
Um die EU-Vorgabe von 50 % Recyclingquote 2025 zu erreichen, nennt Secklehner eine plakative Formel:
„Wir müssen 80 % der Kunststoffverpackungen sammeln, davon 80 % für das Recycling aussortieren und im Recycling selbst ebenfalls 80 % stofflich verwerten.“
Mit 1. Jänner 2025 wurde in ganz Österreich ein wichtiger Meilenstein erreicht: das gemeinsame Sammeln von Kunststoff- und Metallverpackungen. Die ARA hat diesen Schritt mit Informationskampagnen begleitet.
„Das erleichtert den Menschen die richtige Sammlung und wirkt sich positiv auf die Sammelmenge aus.“
Um die Ausbeute an verwertbarem Kunststoff zu erhöhen, setzt die ARA auf modernste Technik. Während herkömmliche Anlagen in Österreich derzeit eine Sortiertiefe von rund 58 % erreichen, schafft das Unternehmen mit der Kunststoffsortieranlage TriPlast eine Sortiertiefe von mehr als 80 % bei einer Sortierleistung von 100.000 Tonnen pro Jahr.
„Damit decken wir 50 % der österreichischen Sortierkapazität für Leichtverpackungen ab“, betont Secklehner.
Genauso innovativ arbeitet die Anlage UPCYCLE. Sie ermöglicht es, auch bisher nicht verwertbare Sortierreste zu recyceln.
„Wir holen bis zu 50 % an Wertstoffen aus Fraktionen, die sonst verbrannt werden.“
Das Ergebnis: hochwertige Polyolefin-Rezyklate mit mehr als 90 % Reinheit.
Die ARA investiert außerdem in Forschung und Entwicklung, um Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Im Projekt „greenPLAST-food“ beispielsweise entwickelt das Unternehmen in Kooperation mit der JKU Linz lebensmitteltaugliche Rezyklate aus Polypropylen und Polyethylen.
„Wir brauchen innovative und gleichzeitig energieeffiziente Verfahren, um Rezyklate in jener Qualität herzustellen, die den strengen Anforderungen von Lebensmittelverpackungen gerecht wird“, sagt Secklehner.
Auch das chemische Recycling ist ein wichtiges Forschungsthema – insbesondere für Mischkunststoffe und Verbundmaterialien, die mechanisch schwer verwertbar sind. Ergänzend dazu muss laut Secklehner an intelligenter Sensorik und automatisierter Sortierung geforscht werden, um die Effizienz weiter zu steigern und möglichst viele Rohstoffe zurückzugewinnen.
Neben Verpackungen rücken neue Stoffströme in den Recyclingfokus. Besonders Alttextilien bergen enormes Potenzial: Rund 220.000 Tonnen landen jährlich im Müll – ein Großteil davon wird verbrannt. Auch Altbatterien und Akkus sind für den ARAplus-Chef ein Zukunftsthema. Dabei geht es nicht nur darum, ihre wertvollen Rohstoffe wie Zink, Lithium und Cobalt im Kreislauf zu halten, sondern auch gefährliche Fehlwürfe zu vermeiden.
„Falsch entsorgte Lithium-Ionen-Batterien können Brände in Sortieranlagen verursachen – das stört nicht nur die laufenden Prozesse, sondern ist eine ernste Gefahr für die Menschen, die dort arbeiten“, warnt Secklehner.
Als aktiver Treiber der Kreislaufwirtschaft schätzt Jürgen Secklehner das umfassende Netzwerk des Kunststoff-Clusters:
„Denn kein Akteur kann die Transformation allein bewältigen.“
Die ARA setzt daher auf starke Partnerschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette – ob bei gemeinsamen Anlagenprojekten, als Partner in Clusterkooperationsprojekten oder in der Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen:
„Nur durch die Bündelung von Know-how und Ressourcen entstehen funktionierende Kreislaufsysteme – national wie international. Von diesem Schulterschluss profitieren letztlich alle: Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft.“
Seit der Kunststoff-Cluster im Jahr 2020 die Technology Roadmap „Sustainable Plastics Solutions“ mit der mutigen Ansage „Wir machen den gelben Sack zu 100 % nutzbar“ zusammen mit dem damaligen BMK und mehr als 100 Partnern gestartet hat, ist viel in Bewegung gekommen. Unternehmen erkennen zunehmend, wie wichtig Fortschritte beim Kunststoffrecycling auch wirtschaftlich sind.
„Wir wollen mit österreichischem Know-how die Kreislaufwirtschaft weltweit stärken“, bekräftigt KC-Manager Wolfgang Bohmayr und ergänzt: „Dabei setzen wir auf Innovationen, die nicht nur Ressourcen schonen, sondern auch wirtschaftlich etwas bringen. Wir begleiten seit vielen Jahren zahlreiche Projekte, die sich mit Kunststoffrecycling beschäftigen. Sie alle verfolgen das Ziel, Kunststoffe aus den verschiedensten Bereichen wieder in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen und auch passende Businessmodelle zu entwickeln. Kunststoffrecycling ist vom Randthema zum Schlüsselthema geworden und ein zentraler Hebel für eine nachhaltige und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft.“
Zukunft.Ressourcen 2025 – Nachhaltig produzieren: Wirtschaft im Kreislauf
4. November 2025 | Donausaal Mauthausen
Die Veranstaltung beleuchtet die Ressourcen Kunststoff und Metall aus unterschiedlichsten Blickwinkeln und verbindet Wirtschaft, Forschung und Politik. Sie bietet die optimale Gelegenheit, das eigene Wissen zu erweitern, sich mit Fachleuten auszutauschen und eigene Lösungen zu präsentieren. Abgerundet wird das Programm mit einer exklusiven Betriebsbesichtigung bei der TriPlast GmbH und der innovativen TBS Technische Behandlungssysteme GmbH im Bernegger Rohstoffpark.