Über 70 Teilnehmer/-innen der Kunststoffrecycling-Branche trafen sich am 26. Mai bei einem von Kunststoff- und Cleantech-Cluster organisierten virtuellen Austausch. Im Zentrum der Vorträge und Diskussionen standen die aktuellen Herausforderungen der Branche. Auch die schwerwiegenden Probleme, die die Corona-Epidemie in vielen Recyclingunternehmen verursacht, wurden diskutiert.
„Es fehlen die Endmärkte und Absatzmärkte. Wir sitzen auf einem Riesenlager von Rezyklaten“, brachte Bernhard Baumberger, Geschäftsführer des Folienrecyclings Walter Kunststoffe GmbH mit Betriebsstätten in Wels und Gunskirchen das Hauptproblem der Branche auf den Punkt. Wenngleich sein Unternehmen in Zusammenarbeit mit Forschungspartnern für verschiedene Anwendungsfälle maßgeschneiderte Rezyklate (z. B.: geruchsfreie oder CO2-bindende WK UP® Masterbatches) entwickelt habe, seien viele derzeitige Vorgaben in technischen Datenblättern (dünner, schneller, stabiler…) mit Rezyklaten nicht erfüllbar – wobei manche dieser Anforderungen zu hinterfragen wären. „Solange es keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich eines verpflichtenden Einsatzes der Rezyklate gibt, sei es auf EU- oder Bundesebene, werden keine Investitionen in der Branche mehr getätigt werden“, ist Baumberger überzeugt.
Bevor China Anfang 2018 die Importe für Kunststoff-Abfälle stoppte, war die Verfügbarkeit von Eingangsware für heimische Folienrecycling-Unternehmen das Problem. Dies änderte sich aber mit dem Importstopp. Nun gibt es Mengen und auch entsprechende Qualität. Aber die Absatzmärkte, bedingt durch die geringen Einsatzmöglichkeiten der Rezyklate, ließen weiterhin zu wünschen übrig. Mit der jetzigen Corona-Pandemie hat sich die Situation dramatisch verschärft. Der niedrige Rohölpreis, fehlende Gewerbe- und Industriefolien sowie der fehlende Markt für die Regranulate setzt den Recyclern massiv zu. Insolvenzen werden für die Branche befürchtet.
Welche hochwertigen Anwendungen mit Polyolefin-Rezyklaten derzeit aber schon realisierbar sind, stellte Christoph Burgstaller vom Transfercenter für Kunststofftechnik in Wels vor. „Denn die Welt braucht nicht so viele Blumentöpfe, als mit schlechtem Rezyklat möglich sind“, sagte Burgstaller. Oberösterreichische Leitbetriebe und Forschungseinrichtungen entlang der gesamten Kunststoff-Wertschöpfungskette entwickeln im Projekt „CIRCUMAT“ gemeinsam verschiedene anspruchsvolle Anwendungen aus Post-Consumer-Rezyklaten. So wurde der „Öli“ (Sammeleimer für Altöl) der LAVU erfolgreich aus Rezyklaten hergestellt. Ein weiteres Beispiel wurde von MKW umgesetzt, einem Produzenten für Artikel im Bau- und Sanitärbereich. MKW hat erfolgreich eine Befestigungsschelle aus Rezyklat entwickelt. „Es geht zum Teil schon viel mehr als derzeit gemacht wird“, ist Burgstaller überzeugt, „wenngleich es noch viele Herausforderungen gibt“. Als Beispiel nannte er u.a. Flammschutzmittel oder andere Additive in alten Kunststoffen, die heute nicht mehr eingesetzt werden dürfen.
Michael Heinzlreiter, selbstständiger Unternehmensberater, ist überzeugt, dass trotz der derzeitigen Krise, bedingt durch den EU-Fahrplan in Richtung Nachhaltigkeit (Anm.: Anteil von 25 Prozent recyceltem Kunststoff in PET-Flaschen ab 2025 und von 30 Prozent in allen Kunststoffflaschen ab 2030), ein richtiggehender „Kampf“ um rPet-Flakes entstehen wird. Die Preise von rPET haben teilweise jene von Neuware bereits übertroffen. Heinzelreiter berichtete auch, dass die von der EU geforderten Sammelquoten für PET-Getränkeflaschen bis 2025 bei 77 % und bis 2029 bei 90 % liegen muss. Er selbst ist überzeugt, dass eine Sammelquote jenseits von 90% nur durch Pfand erreichbar sei.
Der letzte virtuelle Treffpunkt Kunststoffrecycling fand am 2. Juli 2020 statt.
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Ab Herbst wird es dann wieder regelmäßige Treffen (4x jährlich) mit physischer Anwesenheit geben. Interessenten können sich jederzeit melden.