Intelligente Energie: gridoo bringt das Stromnetz zum Chatten
Wenn Geräte, die Strom erzeugen oder verbrauchen, und das Stromnetz dazwischen miteinander chatten, klingt das nach Science Fiction. Ein Unternehmen aus Engerwitzdorf hat aber bereits eine Technologie dafür entwickelt. Mit „gridoo“ will die ATB Automatisierungstechnik GmbH & Co KG die Energiewende beschleunigen. Möglich war die Innovation auch durch Fördergelder, die dank Beratung der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria an das Unternehmen flossen.
„gridoo sorgt herstellerunabhängig für die intelligente Abstimmung aller Komponenten im Stromnetz“, erklärt ATB-Geschäftsführer Wolfgang Bernhard. „So beschleunigen wir die Energiewende. Unsere Technologie sorgt dafür, dass elektrische Geräte miteinander „chatten“, also kommunizieren können. Das macht das Stromnetz effizienter und spart Energiekosten.
Die serienreifen Geräte sehen wie ein Internet-Router aus. In ihnen arbeitet der Algorithmus, der im Forschungsprojekt mit dem Fördergeld der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG entwickelt wurde. Die Basis der gridoo-Technologie ist international bereits patentiert. Das System kann in bestehende Geräte und Netzwerke problemlos integriert werden. Bei großen Energieunternehmen läuft gridoo bereits in ersten Projekten.
„Wenn wir die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien schaffen wollen, brauchen wir ein zukunftssicheres Stromnetz, denn die Energie aus Wind, Sonne und Wasser macht das Netz volatil, weil ja nicht immer bzw. nicht gleichmäßig viel Strom erzeugt und verbraucht wird“, sagt Bernhard. Daher müssen sich alle beteiligten Komponenten untereinander koordinieren. Komponenten sind beispielsweise Ladestationen für E-Mobilität, Wärmepumpen, Batteriespeicher oder Photovoltaik-Anlagen.
„Es geht um jeden einzelnen Verbraucher und Erzeuger, der über nennenswerte elektrische Anschlussleistung und Flexibilität verfügt“, ergänzt der ATB-Geschäftsführer. Zielgruppen sind also nicht nur Endverbraucher, sondern auch Netzbetreiber, Energieversorgungsunternehmen, Mobilitätsanbieter, Garagen- und Gebäudebetreiber sowie Privathaushalte, Energiegemeinschaften und Anbieter von Gebäude- und Home-Automationssystemen.
„Relevant sind die Regeleinheiten dieser Komponenten“, erklärt Wolfgang Bernhard. „Diese gilt es, mit gridoo smart zu machen. In allen diesen Geräten werden zukünftig entsprechende Lösungen implementiert sein, oder sie werden zumindest damit kommunizieren.“
Der Informationsaustausch findet mit gridoo automatisiert im Hintergrund statt. Der Eingriff von Nutzern ist mittels Applikation möglich, aber nicht notwendig. Der selbstlernende Algorithmus plant Erzeugung und Bedarf von Energie voraus und reagiert in Echtzeit auf ungeplante Abweichungen und Ereignisse wie Wetteränderungen, Nutzerverhalten, dynamische Tarife oder Netzüberlastung.
Wolfgang Bernhard ist überzeugt: „Das Ziel der Klimaneutralität erfordert eine massive Elektrifizierung des gesamten Energiesystems auf Basis erneuerbarer Energien. Aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage hat die Unabhängigkeit Europas von Gas- und Ölimporten oberste Priorität. Elektrische Verbraucher und Lasten werden daher deutlich zunehmen. So führt kein Weg daran vorbei, Flexibilitäten im Stromnetz zu nutzen und zu optimieren. Und genau das ist der Kern von gridoo.“
Es gibt zwar bereits Lösungen am Markt, mit denen beispielsweise die PV-Anlage mit der Ladestation und dem Speicher kommunizieren kann. Doch gridoo kann viel mehr und ist dadurch einzigartig. „Unser USP ist die gesamte Kombination von Live-Monitoring, Lastmanagement und Energiemanagement in einer Einheit, bei der es egal ist, wie viele Komponenten einbezogen werden“, sagt Bernhard. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass gridoo nicht auf Cloud-Rechenleistung angewiesen ist, sondern auch auf lokale, selbstlernende Algorithmen setzt. Das ist aus Sicht des Datenschutzes relevant: Bei gridoo müssen keine Daten das Haus verlassen.
Spannend ist auch, wie es jetzt mit der patentierten Innovation weitergeht. Die ATB existiert bereits seit mehr als 25 Jahren und will nun gridoo in ein eigenes, neues Unternehmen auslagern, um Investoren den Einstieg zu erleichtern. „Das volle Potenzial können wir nur ausschöpfen, wenn wir jetzt schnell wachsen. Unsere jahrzehntelange Erfahrung wird hier sehr positiv gesehen. Und es gibt weltweit noch keinen Big Player in diesem Markt“, sagt der Unternehmer.
Das von der FFG geförderte Forschungsprojekt „eChat“ war ein voller Erfolg. Jetzt wird die entwickelte Technologie unter dem Markennamen gridoo vertrieben. „Die Abteilung Forschungs- und Innovationsförderberatung bei Business Upper Austria hat uns beim Förderantrag, beim Endbericht und darüber hinaus beraten und unterstützt. Die Impulse der Expert:innen in der Antragsphase waren entscheidend für die Förderzusage“, betont Bernhard.
Da es sich beim Stromnetz um kritische Infrastruktur handelt, ist auch wichtig, woher Know-how und Komponenten kommen. „Daher produzieren wir unsere Regelgeräte in Oberösterreich, auch das Know-how bleibt in Oberösterreich“, sagt der Geschäftsführer. Sein Team besteht übrigens aus acht Einzelunternehmer:innen. Sie haben gridoo entwickelt, arbeiten erfolgsabhängig und sind vom Produkt so überzeugt, dass sie in Vollzeit leidenschaftlich daran arbeiten.
„Embedded Grid Optimization Based On Chatting Electrical Devices“
Markenname: gridoo
Förderschiene: FFG Basisprogramm, Einzelprojekt (Fördersatz 45 %)
Projektkosten: 773.000 Euro
Laufzeit: Mai 2022 bis April 2024
Unternehmen:
ATB Automatisierungstechnik GmbH & Co KG, Engerwitzdorf
www.atb.at
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