05.06.2025

Naturfasern brauchen eine starke Kette

Naturfasern bieten großes Potenzial für eine nachhaltige Zukunft. Doch es fehlt an einem entscheidenden Glied in der Wertschöpfungskette: Verarbeitungsbetriebe, die Rohfasern in nutzbare Materialien aufschließen, sind in der Region kaum mehr vorhanden. Was es für eine funktionierende Naturfaser-Wertschöpfungskette in Österreich braucht, darüber diskutierten Fachleute aus Landwirtschaft, Industrie und Forschung am 28. April 2025 in der Landwirtschaftskammer OÖ. Die Veranstaltung, organisiert von Business Upper Austria, zeigte: Der Wille zur Zusammenarbeit ist groß – doch es braucht konkrete Schritte, damit Naturfasern in Österreich langfristig Fuß fassen und wirtschaftlich wie ökologisch überzeugen.

Valentine Troi, Universität Innsbruck
Valentine Troi, Universität Innsbruck © Grownlab

„Eine Faser ist eigentlich schon ein Verbundwerkstoff“, erklärte Günter Wuzella vom Kompetenzzentrum Holz gleich zu Beginn. 

Mit seinem Fachinput eröffnete er die Veranstaltung und zeigte, wie vielfältig Naturfasern – von Kurz- bis Langfaser – einsetzbar sind. Danach beleuchteten Maria Strasser (WKO) und Olivera Gracanin (Business Upper Austria) die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für den Aufbau einer funktionierenden Naturfaser-Wertschöpfungskette.

Aus der Praxis

Wie das Schweizer Unternehmen Swissflax die Produktion und Verarbeitung von Naturfasern trotz Kleinstmengen und fehlender regionaler Verarbeitungsschritte hinbekommt, erzählte Swissflax-Geschäftsführer Dominik Füglistaller. Dabei betonte er, wie wichtig Sicherheit für Landwirt:innen und Bewusstseinsbildung bei Konsument:innen sind. Auch Valentine Troi von der Universität Innsbruck berichtete über Herausforderungen beim Versuch, eine Mütze in Kooperation mit dem Tourismusverband und der Tiroler Standortagentur 100 % made in Tirol herzustellen – von fehlenden regionalen Produktionsschritten für das Verarbeiten von Hanf bis zur Suche nach der richtigen Faserqualität.

Workshop mit Tiefgang

In einem Workshop vertieften die Teilnehmenden anschließend zentrale Themen:

  • Regionalität: Der Aufbau einer stabilen Versorgung mit Naturfasern scheitert oft an fehlender Finanzierung, rückläufiger Landwirtschaft und begrenzten Anbauflächen. Gerade in der Anfangsphase sind eine enge Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie gezielte Förderungen gefragt. Dass der Klimawandel den künftigen Anbau beeinflussen wird und mitgedacht werden müsse, waren sich die Teilnehmenden einig.
  • Bildung & PR: Es fehlt auf allen Ebenen an Ausbildungsangeboten zum Thema Naturfasern. Von Schulungen für Landwirt:innen über Ausbildungen für Fachkräfte bis zur Bewusstseinsbildung bei Konsument:innen - insbesondere in der Region und in der Anfangsphase. Die Teilnehmenden regten an, dass das Thema textile Nachhaltigkeit bereits im Schulunterricht behandelt werden sollte.
  • Wirtschaftlichkeit: Hohe Kosten, geringe Nachfrage und lineares Denken bremsen die Entwicklung von Naturfasern. Lösungen wie Ökomodulationen, regionale Verarbeitungstechnologien, die eine ganzheitliche Nutzung der Pflanze ermöglichen, und faire Rahmenbedingungen für Landwirt:innen könnten den Wandel beschleunigen.

Der Austausch geht weiter

Die Veranstaltung war mehr als ein einmaliges Treffen. Das Team von Business Upper Austria plant bereits ein Folgeformat, um den Dialog fortzusetzen und konkrete Projekte anzustoßen. Wer sich aktiv einbringen möchte, kann sich bei Michaela Streicher oder Isabella Mantello melden.

Die Veranstaltung wurde durch eine Kooperation zwischen dem nationalen Projekt „Bioeconomy Austria“ und dem EU-Horizon-Projekt „Engage4Bio“ realisiert.

Kontaktpersonen:

Michaela Streicher, Projektmanagerin Cleantech-Cluster, Business Upper Austria
Michaela Streicher