Regional vernetzt, global gestärkt
Um eine medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern, ist manchmal Kirchturmdenken nötig. Wobei der Kirchturm in diesem Fall nicht im eigenen Dorf, sondern in Europa steht.
Die jüngsten geopolitischen Spannungen, Handelskonflikte und klimabedingten Störungen haben eindrücklich gezeigt, wie verwundbar globale Lieferketten sind. Für die österreichische MedTech- und Life-Science-Branche ist eine gezielte Regionalisierung oft der Weg zu Versorgungssicherheit und Krisenfestigkeit im internationalen Wettbewerb.
Wachsende Qualitätsprobleme und stark gestiegene Transportkosten lassen regionale Zulieferer wieder attraktiver werden. Mit einer stärkeren Diversifikation, kürzeren Transportwegen, intelligenter Bevorratung, standardisierter Qualitätsprüfung und dem Ausbau systemrelevanter Produktion können wirkungsvolle Strategien für eine stabile Lieferkette in der Region bzw. in Europa entwickelt werden. „Wir bekommen aktuell oft die Frage gestellt, wie wir ‚in country for country‘ produzieren können. Also wie wir dasselbe Produkt an mehreren Standorten idealerweise mit lokalen Zuliefernden fertigen können“, erzählt Georg Bauer, Vorstandsmitglied von STRATEC. „Das zeigt uns, wie sensibel das Thema resiliente Lieferketten gesehen wird.“
Spezialisierte Zuliefernetzwerke – etwa für Spezialkunststoffe, Elektronikmodule oder sterile Verpackungslösungen – könnten so zu tragenden Säulen der Resilienz werden. Ein Erfolgsfaktor im Aufbau eines Logistiknetzwerkes ist der gezielte Austausch mit anderen Playern z. B. über den Medizintechnik-Cluster. „Für den Bereich der strategischen Beschaffung bieten wir eine eigene Erfahrungsaustauschrunde an“, betont MTC-Managerin Frauke Wurmböck.
Laut der Staufen-Studie „PerformanceTreiber 2024“ berichten 68 Prozent der Unternehmen von Lieferengpässen – nur 13 Prozent beurteilen ihre Lieferkette als „sehr stabil“. Erschreckend: Nur 20 Prozent fühlen sich „sehr resilient“ – Resilienz ist demnach „kein Luxus, sondern Notwendigkeit“. Auch die BME-Logistikstudie 2024 warnt: Erst 26 Prozent der Unternehmen setzen aktiv auf Supply Chain Risk Management, während Transparenz in tieferen Lieferstufen nur bei rund 30 Prozent vorhanden ist.
Resilienz in Medizintechnik und Life Science entsteht nicht durch Lagersicherung, sondern durch intelligente Vernetzung regionaler Kompetenzen, gestärkt durch Kooperation, Digitalisierung und politische Unterstützung – auch auf globaler Ebene. Die Strategie, mit globalen Partnern das Unternehmen zu stärken, ist damit kein Widerspruch zum Aufbau lokaler Lieferketten. In unsicheren Zeiten ist eine resiliente Lieferkette ein wertvoller Beitrag zu einer stabilen Gesundheitsvorsorge für Österreich und Europa.
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