Beim Zukunftsforum Oberösterreich 2024, das am 9. und 10. April in Linz stattfand, drehte sich alles um die künftige Wettbewerbsfähigkeit unseres Bundeslandes. Welche Stellschrauben es dafür gibt, diskutierten und hörten die 600 Teilnehmer:innen in mehr als 50 Vorträgen, Diskussionen und Workshops.
Landeshauptmann Thomas Stelzer hob Innovationskraft und Forschergeist hervor, die Oberösterreich ausmachen. Gleichzeitig forderte er mehr Freiheit für Forschung und Innovation. „Wir müssen in Europa darauf achten, dass wir den Forschergeist nicht sehr einengen durch Reglementierung.“
„Das Zukunftsforum Oberösterreich ist das Hochamt der Wirtschaft, das Zusammentreffen der klügsten Köpfe. Die braucht es auch, denn den Produktionsstandort in ein nachhaltiges Zeitalter zu führen, dabei wettbewerbsfähig zu bleiben und das Ganze sozial verträglich zu gestalten ist ein historischer Kraftakt“, betonte Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner.
Dementsprechend wurden jene Themen behandelt, die zur nachhaltigen Transformation des Industriestandortes Oberösterreich beitragen: Kritische Rohstoffe, Intelligenz in Lieferketten, Leichtbau, Carbon Management, Bioökonomie und ressourcenschonender Umgang mit Boden.
„Als Standortagentur beschäftigten wir uns das ganze Jahr über mit Innovationen für die Transformation. Das Zukunftsforum mit den vielen konkreten Projekten ist auch eine Leistungsschau unseres Innovationssystems“, sagte Werner Pamminger, Geschäftsführer von Business Upper Austria.
Elisabeth Berger, Vorständin des Instituts für Entrepreneurship an der JKU Linz, zeigte auf, was so ein nachhaltiges unternehmerisches Ökosystem ausmacht: Es ist die Zusammenarbeit möglichst unterschiedlicher Partner.
„Das größte Innovationspotenzial liegt in Entwicklungen, die ganz unterschiedliche Disziplinen zusammenbringen. Ein Beispiel in Oberösterreich ist Kunst & Wissenschaft. Das sei einzigartig im Vergleich mit 60 Regionen weltweit, berichtete Berger.
Eineinhalb Tage standen im Zeichen eines der wichtigsten Standortfaktoren: qualifizierte Arbeitskräfte. Dieses komplexe Thema, das der wissenschaftliche Leiter Reinhard Resch von der Johannes Kepler Universität als teilweisen „Menschenmangel“ bezeichnete, wurde aus verschiedenen Blickwinkeln und auch wissenschaftlich beleuchtet: die Rolle der Digitalisierung und KI für die Produktivität, gesellschaftlicher Wertewandel, Bildungspolitik, internationale Fachkräfte, das Steuersystem.
WKO-Präsidentin Doris Hummer hakte dort ein: „Man muss sich fragen, welchen Anreiz es gibt, arbeiten zu gehen. Da braucht es noch steuerliche Maßnahmen.“
Immer wieder aufgegriffen wurde die demografische Entwicklung: die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 64 Jahren ist der bestimmende Faktor für das Arbeitskräfteangebot. In Oberösterreich gibt es knapp 1 Mio. Personen in dieser Altersgruppe, wovon rund drei Viertel tatsächlich für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Langfristig wird diese Gruppe immer kleiner, weil die Babyboomer in Pension gehen und weniger Junge nachkommen.
„Der Höhepunkt dieser Entwicklung wird bereits heuer erreicht: es gehen um 76.000 Personen mehr in Pension als in den Arbeitsmarkt eintreten“, zeigte Michael Schöfecker von der Statistik Oberösterreich auf.
Mögliche Ansätze, um das Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen oder zu erhöhen, wurden ebenfalls breit diskutiert: mehr Jugendliche in den Arbeitsmarkt bringen (rund 12.000 Jugendliche in Oberösterreich besuchen weder eine Schule noch machen eine Ausbildung), qualifizierte Zuwanderung, ein späterer Pensionsantritt. AK-Präsident Andreas Stangl lobte Unternehmen, die in duale Ausbildung investieren, die Weiterbildung anbieten. Diese machten den Standort stark. IVOÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch wiederum sieht durch die Pensionierungswelle Wissen verloren gehen. Nicht nur deshalb werde länger gearbeitet werden müssen.
Demografieforscher Thomas Fent zeigte auf, dass sich auch ein effizienteres Ausbildungssystem mit kürzerer Studiendauer positiv auf das Arbeitskräfteangebot auswirkt. Und zwar kurzfristig (die Menschen kommen rascher in den Arbeitsmarkt) und langfristig (sie gründen tendenziell früher eine Familie, bekommen vielleicht mehr Kinder, was die Generationsdauer verkürzt)
Ambivalent war die Meinung der Expert:innen zur qualifizierten Zuwanderung: Wirtschaftshistoriker Felix Butschek hält die Qualifikation der Zugewanderten für zu gering. Thomas Fent spielte auf die Größe Österreichs an: einerseits sei man sehr klein und damit unbekannt, andererseits sei die Arbeitskräftelücke dadurch rein nominell viel kleiner als etwa in Deutschland und somit einfacher zu decken.
Der Demografieforscher gab zu bedenken: „Auch wenn wir in Österreich und Europa mit geringen Geburtenraten kämpfen – global gesehen ist das Bevölkerungswachstum zu hoch. Je rascher der Wohlstand in den Entwicklungs- und Schwellenländern steigt, desto besser, denn dann gehen auch dort die Geburtsraten nach unten.“
Die globalen Machtverhältnisse hätten sich aber schon jetzt verschoben, wenn man bedenke, dass China und Indien für sich schon eine drei bis viermal so große Bevölkerung wie die USA oder Europa haben.
Auch woanders spielen diese neuen Machtverhältnisse eine Rolle: „Bei der Verarbeitung von Rohstoffen hängen wir stark von China ab“, berichtete Karin Küblböck vom der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung.
Lösungsansätze dafür sind die Diversifizierung der Bezugsländer, der Abbau in Europa selbst aber vor allem auch die Kreislaufwirtschaft. Rohstoffpolitik und Kreislaufwirtschaft müssten daher zusammen gedacht werden, so Küblböck.
Karin Huber-Heim vom Circular Economy Forum Austria brachte Beispiele auf die Bühne, wie Unternehmen heute schon erfolgreich einsetzen: vom Refurbed-Smartphone bis zum E-Auto, das zurückgegeben werden kann. Entscheidend sei, auch nachwachsende Rohstoffe zirkulär zu denken. Und auch für die Kreislaufwirtschaft stellte Huber-Heim einen Bezug zum Arbeitsmarkt her: Junge Arbeitskräfte suchen grüne Unternehmen.
Mit Lieferketten und den vielfältigen Verflechtungen von Unternehmen untereinander beschäftigt sich Peter Klimek, nach Eigendefinition „Modellierer und Datenheini“, offiziell Leiter des Supply Chain Intelligence Institute Austria. Jedes Unternehmen habe 30 bis 50 Zulieferer, große auch 10.000. Eine bessere Kenntnis der Wertschöpfungsketten ist für Klimek der Schlüssel zur Transformation.
Veranstaltet wurde das Zukunftsforum Oberösterreich 2024 von der oö. Standortagentur Business Upper Austria. Kooperationspartner sind die Wirtschaftskammer OÖ, die Arbeiterkammer OÖ, die Industriellenvereinigung OÖ, die Johannes-Kepler-Universität Linz als wissenschaftlicher Partner von Zukunft.Arbeit und die Oberbank.
Zukunftsforum Oberösterreich 2024 – Innovationen für die Transformation des Industriestandortes
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